Ein tiefsinniger, aber nicht weniger amüsanten Konzertabend mit Musik des beginnenden 16. Jahrhunderts - der Zeit, aus der die „Dunkelmännerbriefe“ stammen.

Der Philosoph und Hebräist Johannes Reuchlin hatte den zum Katholizismus konvertierten Juden Johannes Pfefferkorn öffentlich angegriffen, denn besagter Pfefferkorn hatte zuvor in seinen Veröffentlichungen die Forderung aufgestellt, hebräische Schriften, insbesondere den Talmud zu verbrennen. Der daraus entstandene Zwist endete erst, als der Hochinquisitor Jakob von Hoogstraten den Papst hinzuzog, welcher sich für Reuchlin einsetzte. Daraufhin veröffentlichte Reuchlin 1514 die Schrift „Clarorum virorum epistolae“. Ein Jahr später erschien dann – von unbekannter Hand – das Gegenstück: „Epistolae obscurorum virorum“ – die fiktiven und satirischen Dunkelmännerbriefe.

Innerhalb des Konzertprogramms wird von Reuchlin, Pfefferkorn und Ortwin Gratius, dem Empfänger der Briefe, zu hören sein. So wie die Perspektiven von Juden- und Christentum gegenübergestellt werden, wird auch das widersprüchliche Verhältnis der Kleriker zur Liebe beleuchtet. Die Texte, die von den Künstlern selbst gelesen werden, stammen alle aus eben jenen Dunkelmännerbriefen. Die Briefausschnitte werden mit Musik der Renaissance umrahmt, die die Ideen der Briefe aufgreift und weiterspinnt. Immer wieder lädt das Ensemble für besondere Projekte Gäste ein. So wird das Projekt der Dunkelmännerbriefe durch zwei weitere Sänger, Falco Renner und Philipp Goldmann, bereichert, um der Vokalmusik des 16. Jahrhunderts mit dem gesungenen Wort Rechnung tragen zu können.

Das Ensemble SospirAtem besteht seit Mai 2013 aus Clarissa Thiem (Gesang), Uwe Ulbrich (Diskantgeige), Dóra Haraszti (Blockflöte) und Friederike Merkel (Blockflöte, Dulzian) und beschäftigt sich intensiv mit der Musik des 12. bis 16. Jahrhunderts. In der Arbeit des Ensembles entstanden Programme, die bewusst Raum zum Improvisieren und Experimentieren zulassen. Dem Ensemble ist es ein Anliegen, den Zuhörern weitere Verständnisebenen außerhalb der Musik zu eröffnen, gerade weil diese uns heute manchmal so fremd erscheint. So sind die Konzerte immer als eine Verbindung zwischen Text und Musik konzipiert und bieten durch ungewöhnliche Ideen und die neue-alte Klangsprache ein ganz besonderes Konzerterlebnis.